Beethoven-Lesebuch: Der Schöpfer und sein Universum von Martin Geck

Von Kurt Axtmann

Jetzt ist er 81 Jahre alt, der Musikwissenschaftler Marting Geck, dem wir unter anderem das anregende Buch „Von Beethoven bis Mahler – die Musik des deutschen Idealismus” verdanken. Jetzt hat er ein Beethoven-Lesebuch vorgelegt, fast eben so anregend wie das zuvor genannte. Sein offenbar ungeniert liebender Schüler Holger Noltze, selber Ordinarius, hat ihm ein saftiges Carmen laudativum angestimmt, das kein schlechtes Haar am Buche läßt. Noltze preist Geck in “Die Zeit”

In summa könnten wir ihm beistimmen, träten nicht doch einige empfindliche Mängel zutage: Weder die Beethoven-Forscher Harry Goldschmidt noch Georg Knepler werden auch nur der Erwähnung für würdig befunden.

Beethovens Pin-Up Portrait von Joseph Karl Stieler

Es finden sich aber zahlreiche hübsche Kuriosa in den 12 Kapiteln plus Goethe-Epilog;  darüber hinaus, noch wichtiger, einige originelle Gedanken zu beispielsweise Adorno und Hegel. Aber ich weiß, dass die Leser auf Anekdoten spitzen. Hier ist eine:

Aus Blödheit zu einem Teil exculpabel

Entfallen war mir, wie milde-chevaleresk Wilhelm Hausenstein über den Hitler-Wahn der Pianistin Elli Ney schrieb: „Ihr Hitlerismus war die aufgelegte Blödheit (vielleicht auch mit einiger Hysterie vermischt) und ist, wenn überhaupt, so aus der Blödheit zu einem Teil exculpabel.“

Ja, und da find ich noch eine Notiz zur Ney in ganz was anderm, nämlich auf einer bezeichnenderweise „FemBio“ genannten Webseite, wo augenscheinlich wacker gerrymandering, oh pardon, gender mainstreaming betrieben wird. Neys Neigung aus, wie Hausenstein (Mann !) vermutet, Blödheit, wird nicht verschwiegen. Aber den schmarrenden und schnarrenden Kavalier Joachim Kaiser fragen sie ( das sind die Autorin Mechthild Winkler-Jordan und die Aktualisiererin Luise F. Pusch, leider ohne Doppelname), ob seine Bemerkung, die Ney sei außer Mode gekommen, nicht etwas taktlos sei. Huch, so eine unritterliche Äußerung zu einer älteren Dame!

Dem stets ekstase-beflissenen Kaiser vergeben die indignierten Frauen letzlich, zitieren seinen Altherrenschmonzes: „Man muss sich (…) vor Elli Ney verneigen.” Vor Ney verneigen, vor Schnabel schnäbeln, vor Brendel tändeln? Nein, Damen und Herren, Frauen und Männer, Lesben und Schwule e tutti quanti, muss man nicht. Fem-Bio: Die Ney war eine Frau und Dahame

Martin Geck: Der Schöpfer und sein Universum, 509 S., München 2017