Thomas Adès – Arcadiana für Streichquartett

Arkadien: “Wunschlandschaft der Schönheit, der Erhabenheit insgesamt bleibt im ästhetischen Vor-Schein und als dieser der Versuch, Welt zu vollenden, ohne daß sie untergeht”.
Ernst Bloch, Das Prinzip Hoffnung Frankfurt 1959, , S. 981

“Als ich noch Prinz war von Arkadien…”
Hans Styx in Offenbachs “Orpheus in der Unterwelt”

Thomas Adès, “Zurück!” (1)
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Thomas Adès:
(Vorwort in der Partitur, Sperrungen wie im Original, Übersetzung und Zusätze in Klammern von th.z.)

“Jeder der sieben Titel, die Arcadiana umfassen, evoziert ein Bild, verbunden mit Vorstellungen vom Idyll, eines verschwindenden, verschwundenen oder imaginären.

Die ungerad-zahligen Sätze sind alle aquatisch (dem Element Wasser zugehörig), und stifteten musikalische Kontinuät, falls aufeinander folgend gespielt. Satz drei assoniert das namensgebende Schubert Lied.

Der Titel des fünften Satzes stammt von Watteaus Gemälde “Die Einschiffung nach Kythera”, im Louvre. Der siebte Satz trägt den Namen vom mythischen Fluss des Vergessens.

Der zweite und sechste Satz beinhalten jeweils ein pastorales Arkadien, beziehen sich auf Mozarts ‘Reich der Königin der Nacht’ und eher lokale (also: britische) Gefilde. Im Todeszentrum steht der vierte Satz; er trägt den Anfang einer lateinischen Grabinschrift, die Poussin darstellt, wie jene gerade von Schäfern entdeckt wird:”Sogar in Arkadien bin ich. T.A.”

 

Komponiert auch das Vorwort, mit bedachter Konstellation der Motive. Adès formuliert ein komplexes, literarische, malerische, philosophische und naturgemäß musikalische Bezüge herstellendes Programm, inspiriert offenbar durch den epochemachenden “Et in arcadia ego” (Sogar in Arkadien bin ich, d.h., der Tod)-Aufsatz von Erwin Panofsky. Wie auf einem Palimpsest – auf durch Jahrhunderte mehrfach Überschriebenem scheinen frühere Textschichten durch – versammelt Adès nicht nur weitverzweigte, geistes- und sozialgeschichtlich denkwürdige Wandlungen des “Arkadien und Tod”-Topos, sondern gewinnt durch die originelle Konfiguration seiner Elemente einen neuen Deutungsansatz, den er kompositorisch überzeugend entfaltet und klanglich aufregend realisiert.

Thomas Ziegner – November 2002

Quelle:
(1 + 2) Thomas Adès, Arcadiana für Streichquartett, Partitur, London 1995.
Zum Arkadien Topos:
Maisak, Petra: Arkadien, Genese und Typologie einer idyllischen Wunschwelt, Frankfurt, Bern, 1981;
vorzüglich Udo Leuschner online:
http://sehn-sucht.bei.t-online.de/Arkadien/index.htm