Die Urne als Pisspott: Das Bosart-Trio

Von Thomas Ziegner

Gerade fallen Sie mir wieder ein, die kreglen Herren, deren musikkabarettistisches Treiben ich einmal im Mozart-Jahr 2006 begutachtete. “Steindumm”, “brunzbanal” und “grenzdebil” waren die adäquaten Attribute. Das Trio orientierte sich mit mehr oder (meist) weniger Geschick an illustren Vorbildern wie Loriot und Eckhard Henscheid und klaute beim Kollegen Ingo Insterburg. Immer noch tingelt es herum, und es ist zu befürchten, dass es bei seiner Masche geblieben ist. Deshalb sind sie mir wieder eingefallen: Hans Mayer schreibt in einem Brief an Max Horkheimer von den “Barbareien, die darin bestanden, beliebten Stellen die albernsten Tagesredensarten als neue Textierung unterzulegen, sie so zu entweihen und sich schmackhaft zu machen (…) Zeichen der Anbiederung des Bildungspöbels an das Kunstwerk, wie wir sie seit Anbruch der bürgerlichen Epoche immer wieder erleben”.

Die Bosart-Dreierbande scheute nicht davor zurück, dem langsamen Satz aus Mozarts Klarinettenkonzert einen schon exquisit blöden Text zu unterlegen.

Weil sie sich beim zuständigen Redakteur beschwerten, wähnend, mir fehle der “der Sensus für kabarettistischen Umgang mit den >hehren< Themen der ernsten Musik”, war ein Bescheid vonnöten:

Wie weit mein “Sensus für kabarettistischem Umgang mit den “hehren’ Themen der ernsten Musik” entwickelt ist, werde ich den Trio-Leuten in sechzig Zeilen nicht vermitteln können. Aber es mag sie schaudern beim Gedanken, es könne ein Mal der himmelhohe Qualitätsunterschied zwischen Kleinkunstwerken wie Kreislers Textierung und Interpretation von “Eine kleine Nachtmusik” und ihren Lachnummern ausführlich diskutiert werden. Dass der blinde Respekt vor den zu Kulturgütern erniedrigten Werken beklagenswert ist, sollte Hachmann und Co nicht zur Apologie dienen, die jenen Sachverhalt nicht anders denn mit dem Wörtchen hehr, in Gänsefüßchen, ausdrücken können. Ich konzediere, dass mir lieber als Kulturtreibende vom Schlage Hachmann jene sind, die, wie unbestimmt auch immer, fühlen, dass man Marmor nicht sofort beschmutzen muss; manche Themen nicht auf dem Kamm oder Kazoo verhunzt; auf Mozart-Melodien keine brunzbanalen Texte verfasst, kurzum: eine Urne nicht als Pisspott benutzt, nur um den Rausch der Entleerung zu genießen.