Ein radikaler Religionsphilosoph: Jacob Taubes

Die Linke, wenn sich selbst überlassen, wird schal und oberflächlich

Jacob Taubes

Von Gerhard Jung

Er galt als radikal links, der letzte Spross einer Rabbiner-Dynastie in chassidischer Tradition, jiddischer Muttersprachler, vom Kabbala-Forscher Gershom Scholem über die feinsten Verästelungen jener esoterischen Lehre unterrichtet: Jacob Taubes (1923-1987). Er war Religionsphilosoph und Professor of Religion an der Columbia University in New York, bis er 1963 dem Ruf auf einen Lehrstuhl für Judaistik an der Freien Universität in Berlin folgte, mit der Zusicherung, auch Hermeneutik am Philosophischen Institut lehren zu können.

Jacob Taubes, Apokalypse und Politik, 446 S.,München 2017

Seine zwischen 1942 und seiner letzten, postumen Veröffentlichung 1988 enstandenen Schriften, Rezensionen, Briefe und Würdigungen haben Herbert Kopp-Oberstebrink und Martin Treml nun herausgegeben und ein instruktives Nachwort geschrieben, das dankenswerterweise auch einen Eindruck von dem vermittelt, was dieser an Hegel geschulte, außerordentliche akademische Lehrer seinen Schülern bedeutet haben mag: „Jene nur mehr einstündige Vorlesung (1986, seine letzte), war sein Vermächtnis an die Berliner Studenten, schlug ein wie ein Blitz und ist unvergessen“.

1942 erschien seine erste knappe, enorm gehaltreiche Abhandlung über die Kabbala in Band 2 der „Le Monde Religieux“, Lausanne; 1977 in der Zeitung „Die Welt“ seine Würdigung Scholems. In dieser die Sätze:

>Kabbala ist im eminenten Sinn „mündliche Lehre“: Gespräch im Spruch und Widerspruch. Als Tradition „fixiert“, lässt sie nur einen Leichnam von Wörtern und Begriffen zurück. Gershom Scholem weiß um diese „Schwierigkeit“ seines Unternehmens und bbetribt das Geschäft der Philologie mit äußerstem Ernst, um Unbefugte und Unbefugtes auszuschalten, aber nicht ohne einen Schuss Heiterkeit oder Verzweiflung.< Das reizvolle Cover mit einem Ausschnitt aus „Der Garten der Lüste“ des Hieronymus Bosch verdankt sich einer knappen Notiz, die Taubes 1980 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung publizierte, um einen Irrtum von Thomas Brasch zu korrigieren.