Geschmorte Rinderbacken oder was macht eigentlich der Herr Prey das ganze Jahr
Von Sepp Zeitblom
Im beschaulichen Städtchen Bad Urach gibt es ein Musikfestival, das trotz eines relativ komfortablen Etats in Höhe von rund 250.000 Euro von Jahr zu Jahr mehr in Beliebigkeit, Bedeutungslosigkeit und Langeweile versinkt. Es geht um die Herbstlichen Musiktage Bad Urach und deren Misere hat einen Namen: Florian Prey, Bariton, Sohn des Festival-Mitbegründers Hermann Prey. Seit 2006 amtiert Prey junior als Künstlerischer Leiter, und nach einigen wenigen verheißungsvollen Ansätzen, die sich indes bald als Strohfeuer erwiesen, ist heuer ein neuer Tiefpunkt erreicht. Obwohl er ein ganzes Jahr lang Zeit hat, ein Programm zu konzipieren.
Dürr und wirr ist schon der von Prey im Juli dieses Jahres verschickte Ankündigungs-Pressetext von gerade einmal 13 Zeilen: Wörtlich verspricht er eine „abgewogene Mischung aus instrumentaler und vokaler Musik“, und weil überflüssigerweise Mozarts auch Gran Partita genannte Suite für Bläser und Kontrabass KV 361 mit einem Ballett verziert wird, formuliert der Herr Prey, wiederum wörtlich: „Mozart mit Tanz dürfte eine neue Seite des Meisters zeigen“.
Glorioser Einfall im Schlaf
Wie denn, wo denn, was denn? Bloß weil jemand zur Musik hüpft, soll sich „eine neue Seite“ Mozarts offenbaren? Die man am End’ in gut 230 Jahren Rezeptionsgeschichte nicht hat wahrnehmen können? Die uns Urachs künstlerischer Leiter aufschlägt? In einem von einem Reutlinger Sender ausgestrahlten Videoclip sagt Prey, er habe einen Traum gehabt, der ihn auf die vermeintlich originelle Idee brachte, zu Mozarts Musik tanzen zu lassen. Vermutlich hat er gezappt, auf Youtube beispielsweise, und die Kombination KV 361 mit Tanz der Opera du Rhin in Strasbourg goutiert. Das kann ich so ähnlich auch machen lassen, wird er sich gedacht haben, genug Geld ist ja da. Und der Lokalpresse steck ich halt, der gloriose Einfall sei mir im Schlaf gekommen.
Prey hat gestanden, nochmals Eichendorffs „Mondnacht“ vertont zu haben
Vor einer Blamage mutmaßlich bewahrte ihn das Duo Äneas Humm, Bariton, und Hartmut Höll, Klavier. Prey hatte nämlich vor, sich erstmals als Komponist zu präsentieren. Während des pandemiebedingten Lockdowns hat er nach eigenem Geständnis Lieder, teils selbst getextet, geschrieben, die Humm und Höll in Bad Urach uraufführen sollten, im Abendprogramm mit Liedern auch von Preys allerdings längst gestorbenen Komponisten-Kollegen Beethoven und Strauss. Unter anderem hat der Junior die „Mondnacht“ des Joseph von Eichendorff nochmals vertont, an der sich bekanntlich schon Robert Schumann und Johannes Brahms versuchten. Über 40 Vertonungen gibt es, die letzte achtbare wohl stammt von Wilhelm Killmayer. Auf Preys Version muss vorerst verzichtet werden, weil Humm und Höll sich schlichtweg weigerten, derlei zu interpretieren.
Diesjähriges Motto: Die neue Zeit
In jedem Jahr grübelt Prey über eine Art Motto für die Musiktage, und es scheint ihm herzlich wurscht zu sein, ob es irgendwie plausibel mit wenigstens einigen Programm-Inhalten zu verbinden ist. Einmal fiel ihm als Motto „Hommage an das Meer“ (er macht gern Urlaub an der Nordsee), und das Meer wird es sich zu schätzen wissen. Heuer heißt das Motto schlicht „Die neue Zeit“. Was er sich dabei gedacht ( oder besser: nicht gedacht) hat, versuchte er vor der Kamera so in Worte zu fassen:
„Wir waren die ganze Zeit mit unserem Materialismus dermaßen verbunden und meinen, wir müssen alles wissenschaftlich zum Ausdruck bringen und jetzt plötzlich sehen wir, hey das sind Grenzen irgendwie und wir müssen uns mehr auf unsere Intuition, auf unser Menschsein, äh, berufen und das mehr ausbauen und einfach die Gefühle mehr ausbauen und deswegen meine ich ist die Musik da eigentlich das beste Beispiel und das Schönste was wir damit erleben können, einfach Gefühle in uns erwecken und das kann Musik wunderbar“.
Aber lecker essen
Ein unfassbares Gestammel. Von einem künstlerischen Leiter. Ausführlicher und aufschlussreicher sind die Programmbemerkungen zum Festlichen Abendessen in der Künkeles Mühle, am 6. Oktober im Programm, Eintritt 75 Euro, mit Essen, ohne Getränke:
„Interessante Geschichten über Land & Leute, von der Vergangenheit ins Heute, Geschichten über Poeten und Banditen, Heilige und Sünder – Geschichten aus dem Süden. Daraus formen die Musiker ein Klanggemälde aus bittersüßer Sinnlichkeit, purer Lebensfreude und Leidenschaft. Kenntnisreich, humorvoll und kurzweilig moderiert Ricardo Volkert dabei den Abend in den Gassen und Tavernen des Südens …(ist natürlich nicht wahr, es ist bloß die famose Künkeles Mühle).
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Festliches Abendessen
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Ofenfrischer Ermstäler Rahmkuchen, kräftige Fleischbrühe vom Kalbs-Tafelspitz mit Butter- Grießklößchen und Gemüseeinlage
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Geschmorte Rinderbacken, feine selbstgemachte Spätzle mit Bratensößle und warmes Gemüse sowie gemischte bunte Salate vom Markt
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Omas Rote Grütze von ganzen Früchten mit Vanillesauce und unsere duftende Grießflammeri
Ricardo Volkert (Gitarre, Gesang, Geschichten),
Jost-H. Hecker (Violoncello), Ludwig Himpsl (Percussion)
Eintrittspreis: 75 Euro (exklusive Tafelgetränke)“